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Kundenbegeisterung scheitert, wenn die Basis nicht stimmt

Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Kundenbeziehung, Kundenerlebnisse, Kundenverständnis, Kundenorientierung und seit einiger Zeit Kundenbegeisterung – das sind Worte, die mir einschlägige Suchmaschinen vorschlagen, wenn ich „Kunden“ eintippe. Unternehmen treten heute mit dem Anspruch an, ihre Kunden zu begeistern. Drunter macht es niemand mehr, denn wer nicht nach den Sternen greift, der kann es wohl nicht.

In einer Studie sagten 89% der befragten Manager im Kundenservice, sie wollten die Erwartungen der Kunden übertreffen und sie so begeistern. Doch 84% der Kunden stellten fest, das sei bei ihrem letzten Kontakt mit einem Servicemitarbeiter nicht gelungen (1). Wie kommt es, dass sich Wille und Wirklichkeit kräftig unterscheiden?

TL;DR – daran scheitert Kundenbegeisterung kurz und knapp

  1. Die Basis muss stimmen, sonst wandern die Kunden ab. Projekte zur Verbesserung des Fundaments sind aufwändig, schmerzhaft und oft teuer. Anerkennung für die eigene Leistung gewinnt man im Unternehmen mit ihnen nicht. Deswegen werden sie nicht gerne angepackt.
  2. Der Kundenservice wird daran gemessen, wie gut er die Erwartungen der Kunden erfüllt. Dann sind die Kunden zufrieden.
  3. Begeisterung ist erst möglich, wenn die Kunden mit dem Service zufrieden sind. Begeisterung ist ohne Zufriedenheit unmöglich.
  4. Das Kano-Modell hilft Ihnen, den Service auf ein solides Fundament zu stellenn, indem Sie Rückweisungs-, Basis, Leistungs- und Begeisterungsmerkmale erkennen. Das hilft Ihnen, Prioritäten für Verbesserungen zu setzen. So schaffen Sie Schritt für Schritt die Basis für Kundenbegeisterung.

Rückweisungs-Merkmale: Inakzeptabler Service lässt sich nicht aufhübschen

Wenn eine Firma sich Gedanken zur Kundenbegeisterung macht, dann wird das meist vom Marketing gelenkt. Marketer schauen ihrer Natur nach in die Zukunft. Innovationen sind ihr Gebiet, nicht Reparaturen. Doch Service-Innovationen können Kunden nicht begeistern, wenn die Basis nicht stimmt. Daran scheitern die meisten Firmen.
Im Kano-Modell der Kundenzufriedenheit werden für Produkte und Dienstleistungen fünf Eigenschafts-Klassen unterscheiden. Sie lassen sich wunderbar auf den Kundenservice übertragen.
Beginnen wir mit den Kellerkindern: die Rückweisungs-Merkmale. Wenn sie vorhanden sind, dann wechseln die Kunden zu einem anderen Anbieter. Können sie nicht abwandern, dann werden sie schwierig. Sie nörgeln und stellen Forderungen. Sie sind laut oder schreiben E-MAILS IN GROSSBUCHSTABEN voller !!!
Folgen Sie auf Twitter dem Hashtag #servicewüste und sie wissen, welches die ärgerlichsten Rückweisungs-Merkmale im Kundenservice sind: stundenlanges Warten in Call-Center-Warteschlangen, nicht eingehaltene Lieferzeiten, keine Antwort auf E-Mails, fehlende Informationen über den Status einer Lieferung und uninteressierte Mitarbeiter. Auch automatische Auswahlmenüs am Telefon sind für viele ein Rückweisungsmerkmal. Als mein früheres Unternehmen sie einführte, legte jeder fünfte Anrufer sofort wieder auf. Sie wollten sich von einem Menschen in die passende Abteilung verbinden lassen, nicht von einem Computer.
Rückweisungs-Merkmale machen Kundenbegeisterung unmöglich. Jeder Euro, den ein Unternehmen in ein Begeisterungsprogramm investiert, ist verschwendet, solange sie vorliegen. Sie werden in der Firma oft mit technischen, strukturellen oder finanziellen Gegebenheiten begründet. Tatsächlich sind sie oft das Ergebnis falsch gesetzter Prioritäten.

Basis-Merkmale: Ohne Fundament gerät der Service in Schieflage

Das Fundament des Service bilden die Basis-Merkmale. Das sind die Leistungen, die Kunden voraussetzen. Sind sie nicht vorhanden, dann sind sie unzufrieden. Kunden setzen voraus, dass sie den Service tagsüber immer schnell erreichen können. Sie gehen davon aus, dass die Mitarbeiter die Landessprache fließend sprechen. Deswegen sind Call Center in anderen Ländern zwar preiswert, verärgern aber die möglicherweise die Kunden. Sie erwarten, dass die Beschäftigten einfache Probleme sofort lösen. Sie wollen nicht wegen der gleichen Angelegenheit zweimal anrufen müssen. Wenn Basis-Merkmale nicht erfüllt werden, dann ist es für den Service unmöglich, die Kunden zu begeistern. Sie sind Hygienefaktoren: Ohne sie sind die Kunden unzufrieden. Zufriedenheit schaffen sie nicht.

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Leistungs-Merkmale: Daran wird Ihr Kundenservice gemessen

Zufrieden sind Kunden, wenn Ihr Service etwas leistet, das sie sich wünschen. Das sind die Leistungs-Merkmale. Mit ihnen überzeugen sie Interessenten und Käufer, dass Ihr Unternehmen Vertrauen verdient. Kundenservice gibt selten den Ausschlag für eine Kaufentscheidung. Doch wenn die Kunden Unterstützung brauchen, machen Leistungs-Merkmale ihnen ein wohliges Gefühl: Die Entscheidung für Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung war richtig.
Leistungs-Merkmale im Kundenservice sind abhängig von Ihrer Branche. Es können Fremdsprachen sein, die die Beschäftigten sprechen. Oder dass Sie auch abends erreichbar sind. Es kann ein hilfreicher FAQ-Bereich auf der Webseite sein. Und dass ein Anrufer sein Problem nicht bei jedem Kontakt wieder von vorne schildern muss.
Leistungs-Merkmale sind Eigenschaften, die die Kunden sich wünschen. Sind sie vorhanden, dann sind sie zufrieden. Fehlen sie, dann ärgern sie sich. Glücklich machen sie nicht.

Begeisterungs-Merkmale: Die Königsdisziplin

Glücklich sind die Kunden, wenn der Service sie überrascht. Wenn er etwas leistet, mit dem sie nicht gerechnet haben. Das sind die Begeisterungs-Merkmale. Basis-, Leistungs- und Begeisterungs-Merkmale unterscheiden Sie anhand von zwei Fragen an Ihre Kunden. Lesen Sie mehr dazu im Wörterbuch-Beitrag über das Kano-Modell.
Es hängt von Ihrer Branche und den Erfahrungen der Kunden ab, was sie begeistert. Und es verändert sich im Verlauf der Zeit. War früher die Praline auf dem Kopfkissen im Hotel toll, wandert sie heute unbeachtet in den Mund. Hätte WLAN im Zug mich vor zehn Jahren begeistert, erwarte ich es heute. Umso mehr, als ich sogar in Überlandbussen im dünn besiedelten Estland nahezu immer Internetzugang hatte. Die ersten Unternehmen, die Kundenservice in Facebook und Twitter anboten, haben begeistert. Heute ärgern sich Kunden, wenn das Twitter-Marketing-Team einer Firma nur die Telefonnummer der überlasteten Hotline rausgibt.
Manche Begeisterungs-Merkmale nutzen sich nicht ab. Das sind jene, die kein Geld kosten, sondern einen wachen Geist und Können erfordern. Im Kundenservice begeistern Sie Kunden, wenn Sie vorausdenken, und ihnen Tipps für den nächsten Schritt geben. Damit ein Problem gar nicht erst auftritt. Oder wenn Sie auch schwierige Probleme auf Anhieb lösen können. Die Empathie der Mitarbeiter kann erfreuen, ebenso wie ihre unerschütterliche Suche nach einer Lösung.

Unerhebliche Merkmale: Viel Lärm um Nichts

Das passiert jedem Unternehmen: Sie haben eine Idee, nur zündet sie nicht im Markt. Weil die Menschen sich nicht dafür interessieren. Auch bei Service-Verbesserungen kann das passieren. Denn wir stecken nicht in den Köpfen der Kunden. Deswegen ist es hilfreich, eine Idee mit wenig Aufwand zu testen, bevor Sie Geld und Zeit investieren. Das Lean-Startup-Prinzip im Kleinen.
Oft sind aber auch die Mitarbeiter und Führungskräfte so in ihrer Gedankenwelt verankert, dass sie gar nicht darüber nachdenken, auf was ihre Kunden Wert legen. Welchen Anrufer interessiert es, ob die Average Handling Time sich verbessert hat? LINK ZUM TELEGRA ARTIKEL Sie wünschen sich eine schnelle Lösung. Ihnen ist aber egal, ob ein Telefonat 3 Minuten oder 3:30 Minuten dauert. Das ist eine interne Kennzahl über die Produktivität des Service-Teams, die nichts über die Qualität aussagt. Sie ist für die Kunden unerheblich.

Kundenbegeisterung: Deswegen scheitert es

Oft scheitern Unternehmen daran, Kunden zu begeistern, weil sie die Rückweisungs- und Basis-Merkmale nicht anpacken. Das sind schmerzhafte Themen, über die intern oft seit Jahren gerungen wird. Die Mitarbeiter meckern, weil sie immer wieder Kundenbeschwerden darüber hören. Die Kundenservice-Manager sind es leid, dass sie kein Budget, kein Personal oder keine IT-Unterstützung bekommen, um sie abzustellen. Das Top-Management will in die Zukunft schauen und nichts mehr von den immer gleichen Problemen hören. Sie wünschen sich spannende Projekte, mit denen sie glänzen können. Fehlerbeseitigung ist nicht sexy, Begeisterungs-Programme hingegen sehr.

Die Beschäftigten verfolgen das kopfschüttelnd. Frustriert von den Hindernissen, über die sie täglich springen müssen, sitzen sie die Appelle der Firmenleitung aus. Sie wissen nicht, wie sie die Kunden begeistern sollen, wenn ihnen zugleich die Hände durch kundenunfreundliche Regeln und Prozesse gebunden sind. Sie bemühen sich, die widerstrebenden Anforderungen umzusetzen und warten darauf, dass das Management sich auf ein neues Projekt stürzt.

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Also werden die Fehler im Fundament ignoriert und ein hübsches Haus darauf gebaut. Ein paar Erker, ein Zwiebeltürmchen, eine bunte Fahne – etwas windschief alles und mächtig wackelig. Die Risse in den Grundmauern werden zugespachtelt und die Kellerkinder versteckt. Nur will kein Kunde einziehen. Kundenbegeisterung funktioniert anders.

Quellen

(1) Matthew Dixon, Karen Freeman & Nicholas Toman (2010): „Stop trying to delight your customers“, Harvard Business Review, July-August Ausgabe
(2) Im Original “I am a broken record when it comes to saying, ‘We have to focus on the consumer.’…I don’t think the answers are just in the numbers. You have to get out and look.” Zitiert nach James Allen, Frederick F. Reichheld, Barney Hamilton & Rob Markey (2005): Closing the delivery Gap. Bain & Company.

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Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche,

Ihre Wiebke Wetzel • Kundenzauberin

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