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Im Kundenservice angemessene Gefühle zeigen

Ich arbeite gerade an meinem ersten eLearning-Modul zu Empathie und Emotionen im Kundenservice, nachdem ich die technischen Tücken des neuen Learning Managament Systems endlich im Griff habe. Ich freue mich schon riesig darauf, es bald freizuschalten. Noch wird es auf Herz und Nieren getestet, damit es am Ende rund ist.

Die Arbeit an neuen Themen finde ich immer großartig, denn ich lese wieder viele Fachartikel über Psychologie und Kundenservice und lerne dabei Neues. Als ehemalige Wissenschaftlerin will ich es immer genau wissen. Dabei bin ich heute auf einen Aufsatz gestoßen, der mir aus dem Herzen sprach. Ich finde das Thema so wichtig, dass der Inhalt dieser Lektion Inspiration für einen Blog-Artikel wurde.

Kundenservice ist einer der Berufe, in dem wir gelegentlich unsere Gefühle unterdrücken müssen. Egal, wie schlecht ich geschlafen habe, wie gereizt die Stimmung im Büro ist, wie niedergeschlagen ich nach einem Streit bin: Ich möchte nicht, dass meine Kunden das merken. Ebenso versuche ich, meinen Ärger über einen fordernden Kunden und meine Ungeduld zu verbergen und stattdessen fröhlich und gelassen aufzutreten. Die Darstellung anderer Emotionen als ich empfinde, nennt sich Emotionsarbeit. Sie ist im Kundenservice ebenso alltäglich wie in Führungspositionen.

Wenn ich negative Gefühle verbergen muss oder möchte, so kann ich oberflächlich schauspielern oder ich versuche, sie tatsächlich zu verändern. Die Fachbegriffe dafür sind Oberflächenhandeln (surface acting) und Tiefenhandeln (deep acting). Beides machen wir regelmäßig – im privaten wie im Beruf.
Die tatsächliche Veränderung der eigenen Gefühle gilt in der Psychologie als erfolgreicher und weniger belastend als das Schauspielen. Doch empfinde ich es als übergriffig, wenn Vorgesetzte und Unternehmensrichtlinien bestimmte Gefühle einfordern. Wenn Beschäftigte also zum Tiefenhandeln aufgefordert werden. Gedanken und Gefühle sind frei und Privatsache. Ganz besonders schwierig ist es, wenn das Unternehmen zur gleichen Zeit Authentizität als Unternehmenswert preist, Beschäftigte sich also authentisch verbiegen sollen. Das führt zur Selbstentfremdung und kann nicht gesund sein.

Gefühle vorzutäuschen scheint vielen dann der bessere Weg, der allerdings dazu führen kann, dass man sich gespalten fühlt und den Respekt vor sich selber verliert. Der Spagat zwischen den echten und den vorgetäuschten Gefühlen belastet das den Selbstwert. Das passiert ganz besonders dann, wenn Schauspielen gegen die eigenen Werte ist, weil es nicht authentisch und ehrlich ist. Dann kann es sinnvoll sein, wenn Beschäftigte und Führungskräfte das Schauspiel aus einer anderen Perspektive zu betrachten: Schützen Sie Ihre eigenen Interessen.

Denken Sie politisch: Sie möchten oder brauchen diese Arbeitsstelle. Das Unternehmen hat Sie eingestellt, um Kunden zu betreuen. Damit verbinden sich Erwartungen an die Rolle, die Sie zu erfüllen haben. Sie sind eben nicht zu Hause auf der Couch, wo Sie vollkommen authentisch sein dürfen. Ihre Gefühle sind Privatsache, was Sie gegenüber Kunden ausdrücken, ist das nicht. Wenn ich im Kundenkontakt strategisch positive Gefühle schauspielere, dann bin ich nicht unehrlich oder manipulativ. Sondern ich erfülle die Erwartungen an meine Rolle und mache das, wofür ich bezahlt werde: Ich betreue Kunden und mache es für sie angenehm, mit mir zu arbeiten.

Wenn Sie das Schauspiel ablehnen, dann hilft es, das Ganze spielerisch zu sehen und Distanz zur Berufsrolle zu haben. Wenn ich bewusst schauspielere, indem ich Gefühle darstelle (handelndes Coping), dann bekomme ich von Kunden und Vorgesetzten positives Feedback. Dann wird die Arbeit weniger belastend, als wenn ich eine unangenehme Situation mit Kunden emotional bewältigen muss (emotionales Coping). Deswegen ist ein schwieriges Gespräch im Kundenservice mit strategisch vorgetäuschten Gefühlen allemal einfacher zu verkraften. Wenn Beschäftigte sich anschließend unter Kollegen und Vorgesetzten nicht verstellen müssen und auch mal Dampf ablassen dürfen, dann wird es ihnen umso leichter fallen, im Kundenkontakt angemessene Gefühle vorzutäuschen oder zu entwickeln.

Doch ganz ohne Nebenwirkungen bleibt auch das surface Acting, die vorgetäuschte Emotion, nicht. Beim Vortäuschen von positiven Gefühlen empfinde ich dennoch Ärger, Enttäuschung oder Empörung über den Kunden. Der innere Widerspruch kostet Energie. Als Folge sinkt die Willenskraft und die kognitive Leistung nimmt ab. Wer immer wieder Selbstkontrolle üben muss, dem geht schlicht die Luft aus. Langfristig könnte es daher einfacher sein, die eigenen Gefühle zu verändern. Freiwillig und aus eigenem Antrieb. Denn dann lächeln wir ehrlich und überzeugend. Die zwei Wege dorthin zeige ich im Online-Training zu Emotionen und Empathie im Kundenservice.

Vielleicht haben Sie als Kunden in Zukunft mehr Verständnis für eine müde und ruppige Verkäuferin oder einen einsilbigen Call Center Mitarbeiter. Wer weiß, seit wievielen Stunden sie schon Emotionsarbeit verrichten und leer ihr Akku inzwischen ist?

Quellen

Mucha A (2016): If emotional labor meets micropolitics: Strategisches Surface Acting im Umgang mit emotionalen Anforderungen in subjektivierten Arbeitskontexten. Arbeit, 25 (1-2): 47-56.
Der Artikel ist leider nicht frei im Netz erhältlich, aber vielleicht haben Sie ja Zugriff auf eine Unibliothek oder einen Recherchedienst.

Schewe A (2010): Emotionsarbeit – was ein Lächeln kosten kann… The inquisitive Mind

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Foto von Sydney Sims auf Unsplash, Unsplash-Lizenz

20. Juli 2020

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