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Einsicht ohne Veränderung

„Hand aufs Herz und frisch gelogen“ sagte meine Mutter früher immer, wenn sie eine ehrliche Antwort wollte. So kann man sich angesichts der Zahlen in der aktuellen Studie von Zendesk zur Customer Experience 2022 fühlen. Die meisten Verantwortlichen auf der Leitungsebene betonen, dass Kundenservice und Unternehmensleistung direkt miteinander verbunden sind und dass Kundenservice Priorität habe (73, resp. 72 %). Doch dem folgen nicht immer Taten: Nur etwa die Hälfte der Unternehmen hat einen strategischen 3-Jahresplan für den Kundenservice (54 %). Und die restlichen 20 %? Die reden zwar, doch fehlt es an Verbindlichkeit. 

Alles nur Gerede oder ist Kundenservice in Unternehmen wirklich eine Priorität?

Beschäftigte und Kundschaft tolerieren Widersprüche zwischen der Schauseite und der Realität eines Unternehmens bis zu einem gewissen Grad. Doch sie reagieren empfindlich, wenn das Verhalten eines Unternehmens so gar nicht mit dem auf Hochglanz polierten Auftreten zusammen passt. Wird ein Leitbild von der Geschäftsführung zwar proklamiert und eingefordert, aber nicht in adäquate Rahmenbedingungen übersetzt, so führt es allenfalls zu Zynismus. Wer Kundenservice als eine Kernaufgabe bezeichnet, muss den Service-Beschäftigten entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen.

Einsicht der Beschäftigten

Beschäftigte im Kundenservice wissen selbst, dass ihre Leistung oft hinter den Möglichkeiten bleibt. Zwei Drittel glauben, dass sie Kundenanfragen ineffizient, langsam und umständlich bearbeiten. Besonders in großen Firmen sind die Beschäftigten oft frustriert über umständliche Abläufe, schwierige Abstimmung mit anderen Bereichen und komplizierte Software, die ihre Anforderungen nicht erfüllt. In einer Studie des CRM-Anbieters Salesforce sagten 45 % der befragten Service-Beschäftigten in Deutschland, sie könnten alle Informationen, die sie für ihre Arbeit brauchen, auf einem Bildschirm sehen – mehr als die Hälfte muss also zwischen Tools und Fenstern wechseln, um Informationen zu suchen. 

Dazu kommt die Beschäftigung mit Aufgaben, für die weder Kreativität noch Empathie benötigt werden und die nicht wertschöpfend sind. Deren gibt es im Service viele: Zuordnung von e-Mails zu den richtigen Warteschlangen im CRM-System, Aktualisierung von Kundenstammdaten, Abgleich von Chargennummern oder Zählerständen, Aufruf von Vertragsdaten – die Liste lässt sich fortführen. Alle diese Arbeitsschritte lassen sich automatisieren, doch das kostet Geld. Der Wille, dieses Geld zu investieren, ist ein Lackmustest für die Geschäftsführung: Meint sie es mit dem Kundenservice wirklich ernst oder handelt es sich doch nur um ein Lippenbekenntnis?

Wertschöpfung statt Beschäftigung

Die Verbesserung der Abläufe und Werkzeuge verbessert nicht nur die Effizienz, sondern hilft den Beschäftigten auch, sich auf die Kunden zu konzentrieren. Damit können die Beschäftigten wertschöpfend für die Firma arbeiten. Vorausgesetzt, ihre Stellen werden nicht als Folge der teilweisen Automatisierung gestrichen. Denn in vielen Firmen wird Kundenservice als Kostenfaktor gesehen und nicht als Chance der Kundenbindung. 

Kundenbindung wird oft als alleinige Aufgabe des Vertriebs gesehen. Dessen Beschäftigte sind in vielen Unternehmen Helden, die den Fortbestand der Firma sichern. Im Vergleich dazu sagen zwei von fünf Beschäftigten im Kundenservice, dass ihr Team nicht so gut behandelt werde wie andere Teams. Nur wenige unter ihnen sind mit ihren Karrieremöglichkeiten sehr zufrieden. Wer sich schlecht behandelt fühlt und keine Entwicklungsmöglichkeiten sieht, engagiert sich nicht, leistet weniger und verlässt bei der nächsten Gelegenheit das Team oder die Firma. Damit verlieren Unternehmen wertvolle Ressourcen an einer direkten Schnittstelle zur Kundschaft. 

Investieren Sie in Ihren Kundenservice – statt nur darüber zu reden. 

Quellen

Soweit nicht anders angegeben, entstammen die Zahlen der Studie „CX Trends 2022: Improving the bottom line by putting customers at the top“ der Firma Zendesk. 

Für die Studie wurden Unternehmen und Kund:innen aus 21 Ländern befragt. Aus Deutschland stammten 7% der 4.600 befragten Unternehmens-Angehörigen. Sowohl Beschäftigte als auch Führungskräfte und Firmenleitungen beantworteten den Fragebogen. Von den 3.500 befragten Kund:innen stammten 5% aus Deutschland, alle Altersgruppen waren repräsentiert mit einem überproportional großen Anteil der 25-39-jährigen. 

So wurde die Studie durchgeführt

Daneben habe ich Daten aus der Studie „State of Service: Insights and trends from over 3,500 service leaders and agents worldwide“ des CRM-Anbieters Salesforce verwendet.

So wurde die Studie durchgeführt

3.525 Beschäftigte und Entscheidungsträger im Kundenservice wurden Ende 2018 doppelblind befragt. Zur Durchführung der Verblindung werden keine Angaben gemacht. 54% der Befragten waren Entscheidungsträger, 46% Beschäftigte auf der operativen Ebene. Aus Deutschland stammten 8% der Befragten, alle Altersgruppen waren repräsentiert mit einem überproportional großen Anteil der 19-37-jährigen. Die Umfrage war nicht auf Salesforce-Kunden beschränkt. 

Foto von Nathan Bingle auf Unsplash.com, Unsplash-Lizenz

26. Oktober 2022

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