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Nein sagen ist im Kundenservice schwierig

Oder wie Sie lernen, im richtigen Moment Nein zu sagen.

„Für den Auftrag sollen Sie 7 rote Linien zeichnen, alle streng orthogonal, manche mit grüner Tinte und manche mit transparenter Tinte. Können Sie das?“

Nein, das kann ich nicht. Nur wie sage ich das? Nein ist das schwierigste Wort im Kundenservice und wir haben meist nicht gelernt wie wir konstruktiv Nein sagen.

Unsere Kunden träumen von 7-dimensionalen Räumen, in denen rote Linien mit grüner Tinte gezeichnet werden und transparente Linien sichtbar sind. Sie hoffen darauf, dass wir ihnen den Weg zeigen, dies zu erreichen. Sie haben die Erfahrung, dass auch wir das nicht können, wie all die Anderen, die sie schon gefragt haben. Und sie befürchten, dass wir sie auslachen werden, wenn sie sich dann am Ende auch noch ein rot-grün-transparent-rechtwinkliges Kätzchen wünschen. Ihre Erwartungen sind eine Mischung aus diesen Träumen, Hoffnungen, Erfahrungen und Befürchtungen.

Erwartungen sind nicht rational, sie sind voller Gefühle. Das macht es  Kunden oft schwer, sie an die Realität einer Geschäftsbeziehung anzupassen. Schon gar, wenn sie in langen, mühseligen Besprechungen mit Kollegen und Vorgesetzten einen Kompromiss finden mussten. So kämpfen sie für ihr rot-grün-transparent-rechtwinkliges Kätzchen.

Sie stecken in der Falle

Sie wollen den Kunden nicht enttäuschen,  denn dann verlieren Sie den Auftrag. Oder noch schlimmer: Sie müssen Ware zurücknehmen, die Sie vielleicht gar nicht wieder verkaufen können, und dem Kunden sein Geld zurück geben.

Allerdings gibt es keinen Weg, ein rot-grün-transparent-rechtwinkliges Kätzchen zu zeichnen – nicht in dieser Welt. Vielleicht in einer Parallel-Welt, doch wie gelangen wir dorthin?

Und nun? Ein zaghaftes „Ja“ in der Hoffnung, dass Sie später eine Lösung finden werden? Oder doch ein „Nein, das geht nicht.“ und den Kunden nie wieder sehen?

Was will der Kunde wirklich?

Wie ist sein Wunsch entstanden? Was will er mit dem Produkt erreichen? Fragen Sie ihn offen. Lösen Sie sich in Gedanken von den Eigenschaften Ihres Produktes und wenden Sie sich den Zielen des Kunden zu. Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen. Sie haben die einmalige Gelegenheit zu lernen, was Ihr Kunde macht und was ihn bewegt.

Machen Sie keine Annahmen! Annahmen sind Gift in der Beziehung zu einem Kunden (und nebenbei auch in Ihren persönlichen Beziehungen). Nehmen Sie keine Abkürzung, indem Sie von sich auf den Kunden schließen. Sie können nicht wissen, was im Kopf eines anderen Menschen vor sich geht und in welcher Situation er sich befindet. Überprüfen Sie Ihre Annahmen, indem Sie den Kunden fragen, ob sie stimmen: „Ich habe den Eindruck, dass … . Stimmt das?“

Sorgen Sie sich nicht, dass der Kunde unrealistische Erwartungen äussern könnte. Die meisten Kunden haben recht einfache Bedürfnisse, die sich erfüllen lassen. Wenn es doch mal schwierig wird, ist es besser, das zu wissen, denn nur dann können Sie reagieren.

Warum können oder wollen Sie die Erwartung nicht erfüllen?

Prüfen Sie, welche Gründe Sie für Ihre Ablehnung haben. Wäre es möglich, den Wunsch des Kunden zu erfüllen, aber es entspricht nicht Ihre Richtlinien? Könnten Sie eine Ausnahme machen? Welche Nachteile hat Ihre Firma dadurch? Die meisten Kunden sind durchaus bereit, ein Nein zu akzeptieren, wenn ein Ja für Ihre Firma mit hohem Aufwand oder Kosten verbunden wäre.

Mögen Sie den Kunden vielleicht nicht? Das kommt vor und beeinflusst unsere Entscheidungen. Finden Sie ihn anmassend, frech oder gierig? Das darf er sein, auch wenn es Ihnen nicht gefällt. Denken Sie „Da könnte ja jeder kommen!“? Es kommt nicht jeder, keine Sorge.

Ist es schlicht nicht möglich, den Wunsch zu erfüllen, weil eine Linie nicht gleichzeitig rot und grün sein kann? Stellen Sie sicher, dass Sie den Wunsch des Kunden richtig verstanden haben, indem Sie Fragen stellen.

Gibt es eine Lösung?

Wenn Sie verstanden haben, was der Kunde erreichen will und warum Sie seinen Wunsch nicht erfüllen können, denken Sie über eine Lösung nach. Gibt es ein anderes Produkt, das die Erwartung des Kunden erfüllen kann? Gibt es eine andere Firma, die das perfekte Produkt hat? Empfehlen Sie sie – der Kunde wird Sie lieben.

Könnten Sie den Wunsch teilweise erfüllen?  Zeigen Sie ihm, was Sie leisten können. Sprechen Sie offen an, was Sie nicht geht und was die Nachteile für den Kunden wären. Beschönigen Sie nicht durch ungefähre Angaben („Das Produkt wird in einigen Tagen wieder auf Lager sein.“). Damit wecken Sie die nächste Erwartung, die Sie vielleicht nicht erfüllen können. Machen Sie präzise Angaben („Das Produkt wird in 7 Tagen wieder auf Lager sein.“). Wenn Sie nicht ganz sicher sind, gehen Sie vom schlechtesten Fall aus. Aber machen Sie daraus kein Prinzip, nur um später die Erwartungen übertreffen zu können. Das kann dazu führen, dass Kunden ein schlechtes Produkt erwarten und dann auch den Eindruck haben, es zu bekommen.

Kann der Kunde sein Ziel auf einem anderen Weg erreichen?  Konzentrieren Sie sich nicht auf das Produkt, sondern auf das Ziel des Kunden. Sonst verstellen Sie sich den Blick auf Alternativen.

Suchen Sie nach einer Gelegenheit, Ihren guten Willen zu zeigen. Eine kleine Anstrengung auf Ihrer Seite wird für den Kunden jetzt viel bedeuten.

Wie Sie konstruktiv Nein sagen

Sie haben sich nach reiflicher Überlegung entschieden, dass Sie den Wunsch nicht erfüllen werden oder können. Jetzt müssen Sie das in klare Worte fassen, ohne den Kunden allzu sehr zu verärgern. Erwarten Sie nicht, dass der Kunde sich darüber freuen wird – das ist zuviel verlangt.

1. Versuchen Sie nicht, das Nein wie ein Ja klingen zu lassen. Verbiegen Sie nicht die Wahrheit, denn das wird sich später rächen.

2. Vermeiden Sie harte Formulierungen ,wie „Nein, das geht nicht.“ So schliessen Sie eine Tür, und lassen den Kunden mit seinem Problem alleine. Verwenden Sie statt dessen weiche Formulierungen wie „Das bieten wir nicht an.“, „Das wird nicht möglich sein.“

3. Erklären Sie Ihr Nein. Jetzt wird es wichtig, dass Sie sich über Ihre Gründe im Klaren sind.

4. Zeigen Sie Verständnis für den Kunden, der sich ärgern wird: „Ich bedaure, dass Sie deswegen umplanen müssen.“

5. Stellen Sie Ihre Lösung dar, auch wenn Sie damit nicht alle Erwartungen des Kunden erfüllen können. Wenn möglich, bieten Sie dem Kunden zwei Alternativen an. Akzeptieren Sie, wenn dem Kunden Ihre bevorzugte Alternative nicht so ganz passt. Kleiner Trick: nennen Sie Ihre bevorzugte Lösung  zuletzt, den an den letzten Vorschlag wird der Kunde sich besser erinnern.

6. Zeigen Sie dem Kunden einen Weg, wie er zusammen mit Ihnen die Situation selber verbessern kann. So geben Sie ihm Kontrolle  über das Ergebnis. Er wird zu Ihrem Partner in der Lösung des Problems.

7. Falls Sie keine Lösung gefunden haben, lassen Sie den Kunden ziehen und seien Sie grosszügig. Nur wenige Kunden werden versuchen, Sie auszunutzen, und selbst wenn Sie den Kunden verlieren, möchten Sie schlechte Mundpropaganda vermeiden.

Lernen Sie aus den Wünschen Ihrer Kunden

Jeder Kunde, der seine Erwartungen äussert, gibt Ihnen die Chance etwas zu lernen. Sammeln Sie die Kundenwünsche. Vermerken Sie, welche Wünsche Sie oft hören. Schicken Sie die Liste regelmässig an die Produktmanager und seien Sie bereit, deren Fragen zu beantworten.

Nutzen Sie die Wünsche Ihrer Kunden, um besser zu werden. Dann können Sie beim nächsten Kunden vielleicht „Ja“ sagen.

PS: Das rot-grün-transparent-rechtwinklige Kätzchen wünschen sich Kunden in diesem Video:

Bild: Little Know-all von Ollyy | Shutterstock

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